PMBOK® meets Lean Startup:
Warum Wasserfall Innovation bremst und hybride Ansätze gewinnen
Wie du als PMI®-zertifizierter Projektmanager hybrides Projektmanagement meisterst
Das Vorurteil ist weit verbreitet: PMP® und Lean Startup sind unvereinbare Gegensätze. Strukturierte Planung versus „fail fast“. Nach über zehn Jahren im hybriden Projektmanagement und dem Aufbau eines Corporate Startups kann ich dir sagen:
Das ist ein Mythos
Was viele über das PMI® nicht wissen
Wenn ich anderen Projektmanagern erzähle, dass ich sowohl PMP®-zertifiziert bin als auch die Lean Startup Methodik nutze, kommt meist dieselbe Reaktion: „Wie passt das zusammen?“
Die Verwirrung entsteht durch ein Missverständnis der PMI®-Welt. Das Project Management Institute (PMI®) entwickelt Standards, keine starren Regeln. Ihr Project Management Body of Knowledge (PMBOK®) ist eine Wissenssammlung bewährter Praktiken – ein flexibles Framework, kein Dogma. Und die Project Management Professional (PMP®) Zertifizierung lehrt dich, dieses Framework situativ anzuwenden.
Tatsächlich hat sich das PMI® längst weiterentwickelt. Die 7. Edition des PMBOK® Guide (https://www.pmi.org/standards/pmbok) integriert agile und hybride Ansätze vollständig. Das PMI® bildet seine Projektmanager aktiv in Agile Project Management aus. Das Institut befürwortet bewusst keine spezifische Methodologie – es liefert die Werkzeuge, und du entscheidest, welches für dein Projekt passt.
Der vermeintliche Konflikt zwischen PMBOK® und Innovation existiert also nur in veralteten Denkmustern.
Eric Ries und der Lean Startup Durchbruch
2011 veränderte Eric Ries mit „The Lean Startup“ die Startup-Welt (https://theleanstartup.com). Seine Kernprinzipien:
- Build-Measure-Learn: Schnelle Lernzyklen statt monatelanger Planung
- Validated Learning: Hypothesen testen, nicht Annahmen folgen
- MVP: Minimum Viable Product für frühe Kundentests
Was viele übersehen: Ries inspirierte sich beim Toyota Production System (TPS). Schon in den 1950er Jahren revolutionierte Toyota die Fertigung mit Prinzipien, die heute in jedem Startup zu finden sind:
Kaizen (kontinuierliche Verbesserung),
Muda-Eliminierung (Verschwendungsreduzierung) und
Go to Gemba (geh dorthin wo die Arbeit passiert – das Original von Steve Blanks „Get out of the building“).
Toyota lehrte die Welt, dass Perfektion durch schnelle Lernzyklen entsteht, nicht durch perfekte Planung.
Poka-Yoke(Fehlervermeidung) ist nichts anderes als „fail fast“ in der Produktion und
Just-in-Time bedeutet: produziere nur was gebraucht wird, wenn es gebraucht wird – genau wie ein MVP nur die Features entwickelt, die Kunden wirklich wollen.
Lean Manufacturing und Lean Startup haben dieselbe DNA
Verschwendung eliminieren, schnell lernen, kontinuierlich verbessern. Ries übertrug einfach bewährte Fertigungsprinzipien auf die Produktentwicklung.
Praxis-Interview: Die ungefilterte Wahrheit über hybrides Projektmanagement
Vincent Barnstorff im Gespräch mit Zara (fiktiv)
Zara: Vincent, du hast eine interessante Kombination: PMP®-Zertifizierung und Lean Startup Erfahrung bei „Decarbonize Industries“. Das klingt wie ein Widerspruch. Viele PMP®-Praktiker sagen mir: „Lean Startup ist Chaos.“ Wie siehst du das?
Vincent: Ehrlich gesagt sehe ich keinen Widerspruch. Schau dir das PMBOK® an – es ist ein Framework, kein starres Regelwerk. Projekte haben per Definition Unsicherheit und Risiko. Wenn alles planbar wäre, bräuchtest du kein Projekt.
Der Unterschied zwischen Projekt und Startup? Ein Projekt löst ein bekanntes Problem mit unbekanntem Weg. Ein Startup sucht erst das Problem, das es lösen will.

Projekte und Startups unterscheiden sich im Grad der Unsicherheit.
Zara: Moment – du sagst „bekanntes Problem“. Aber bei Innovation weißt du doch oft gar nicht, was das Problem ist?
Vincent: Genau! Und da wird’s interessant. Klassische Projektplanung funktioniert nur, wenn du das Problem kennst. Bei echter Innovation musst du erst herausfinden, welches Problem du löst. Deshalb braucht Innovation andere Methoden.
Zara: Bei „Decarbonize Industries“ hattet ihr den ersten Prototypen nach 6 Monaten. Aber mal ehrlich – Bosch ist ein großer Konzern. Wie hast du dort keinen Plan aber „fail fast – fail early“ verkauft?
Vincent: Wir hatten nicht „keinen Plan“ – wir hatten einen anderen Plan. Statt zu versprechen „In 18 Monaten haben wir Produkt X“, haben wir gesagt: „In 6 Monaten wissen wir, ob Hypothese Y stimmt.“ Das ist auch Planungssicherheit – nur anders.
Konkret hatten wir einen zweigleisigen MVP-Ansatz: einen technischen MVP mit wachsenden Funktionen für Kundenberatung. Und einen UX-MVP für schnelle Nutzer-Interviews. Aus den Erfahrungen mit beiden MVPs bauten wir unsere Lösung.
Zara: Aber wie funktioniert so ein Vorgehen in einem großen Konzern wie Bosch? Wollte das Management keinen klassischen Produktentwicklungs- und Salesplan sehen?
Vincent: Bosch betreibt eine Reihe von Innovationsprogrammen mit Venture-Inkubatoren. Das bedeutet: eine weitestgehend geschützte Umgebung um wirklich in einem „nicht-Corporate-Standard-Modus“ zu operieren. Wir wurden eher dafür kritisiert, zu wenig in die MVPs zu stecken und früh aus dem UX-Prototypen ins Produkt zu gehen.
Zara: Gab es trotzdem Momente, wo dein „PMP®-Gehirn“ mit Lean Startup kollidierte?
Vincent: Natürlich. Projektmanagement ist sehr strukturiert und dokumentiert. Als Projektmanager ist es meine Aufgabe, die Kommunikation im Team und mit Stakeholdern zu steuern. Im kleinen Venture-Kernteam hatten wir nicht ausreichend Ressourcen für strukturierte Kommunikation und Dokumentation. Das führte zu Verschwendung, z.B. wenn die gleiche Frage mehrfach gestellt wurde.
Das war ganz klar eine Schwäche in der Umsetzung, weil wir nicht den Fokus darauf gesetzt hatten. Auch ein Startup braucht strukturierte Kommunikation.
Zara: Wenn heute ein Kunde sagt „Wir brauchen Innovation, aber Planungssicherheit“ – was machst du?
Vincent: „Wir brauchen Innovation“ ist für mich ein Triggersatz für Rückfragen. Warum? Funktioniert das Businessmodell nicht mehr? Innovation kann verschiedenes bedeuten: Verbesserung des Status quo, Lean-Transformation oder Geschäftsmodell-Disruption.
Erst wenn der Kunde und ich ein gemeinsames Verständnis haben, können wir über Planungssicherheit sprechen und den passenden Ansatz für Kunde und Projekt wählen.
Zara: Was würdest du einem Projektmanager raten, der sein erstes Innovationsprojekt leitet?
Vincent: Vergiss nicht, dass du Projektmanager bist, nicht Produktmanager. Deine Aufgabe ist es, den Lernprozess zu organisieren, nicht das Produkt zu definieren. Plane Experimente wie Arbeitspakete und nutze z.B. die Stacey-Matrix bei der Methodenwahl.
Die Stacey-Matrix: Dein Kompass für die Methodenwahl
Ralph Douglas Stacey entwickelte in den frühen 1990er Jahren eine einflussreiche Matrix mit zwei Dimensionen: Konsens und Gewissheit. Als Professor für Management an der University of Hertfordshire schuf er dieses Werkzeug im Kontext seiner Kritik an traditionellen linearen Managementmodellen, die er als unzureichend für die Realitäten des Organisationslebens ansah.
Ich nutze die Matrix nicht nur zur Methodenwahl, sondern auch als Kommunikationstool mit Kunden und Teams. Wenn alle Beteiligten ihr Projekt gemeinsam auf der Matrix verorten, entsteht schnell Konsens über den passenden Managementansatz – und alle verstehen, warum wir dieser Ansatz gewählt wurde.

Meine Analogie im Kundengespräch:
Links unten ist der Regalbausatz aus dem Möbelhaus (= Simpel), rechts oben die Weltraum-Besiedlung (= Chaos). Und irgendwo dazwischen ist dein Projekt.
Passend dazu wählen wir die Projektmanagement Methode.
- Simple Projekte: Klare Ziele, bekannte Lösung → Wasserfall
- Komplizierte Projekte: Expertenwissen nötig → Hybride Projektansätze
- Komplexe Projekte: Ungewisse Lösung → Agile Projektansätze
- Chaotische Projekte: Alles unbekannt → Lean Startup
Drei sofort umsetzbare Tipps für Projektmanagement Praktiker
1. Fang beim Ziel an
Kannst du dein Projektziel nicht in einem Satz erklären, ist es zu komplex für Wasserfall. Sofort umsetzbar: Teste es beim nächsten Kickoff – wenn Stakeholder nachfragen müssen, brauchst du einen anderen Ansatz.
2. Fail fast – fail early
Pläne sind Hypothesen, keine Versprechen. Ihre Aufgabe ist es, dir zu zeigen, wann du falsch liegst. Sofort umsetzbar: Plane bewusst Validierungspunkte ein – Momente, wo du ehrlich fragst: „Stimmt unsere Annahme noch?“
3. Sei mutig
Führungskräfte respektieren „Ich weiß es in 4 Wochen“ mehr als „Alles läuft nach Plan“ (wenn es nicht stimmt). Sofort umsetzbar: Sage beim nächsten Status-Meeting proaktiv, was du ändern willst – bevor es zum Problem wird.
Messbare Erfolge: Was hybrides Projektmanagement leistet
Corporate Venture „Decarbonize Industries“ (Lean Startup):
- Prototyp in 6 Monaten statt geplanter 12 Monate
- Erste Umsätze nach 12 Monaten (Benchmark: 18-24 Monate)
- Kundenfeedback-Zyklen alle 2 Wochen statt quartalsweise
Infrastrukturprojekt „Zero Emission“ (Hybrid-Ansatz):
- 48 Monate Laufzeit und 6 Monate Puffernutzung (87% Plangenauigkeit)
- 16% Budget-Unterschreitung bei 25 Millionen Euro Volumen
- 99% Zielerreichung (CO₂-Reduktion von geplanten 100%)
Fazit: Framework, nicht Dogma
Nach über zehn Jahren Projektmanagement ist meine Erkenntnis:
PMI® bildet ein Framework, kein Dogma. Nutze die Methoden, die dir wirklich helfen.
Die Zukunft gehört nicht PMP®-Puristen oder Lean Startup-Evangelisten. Sie gehört pragmatischen Hybrid-Praktikern.
Beginne hybrid; beginne heute. Die Organisationen, die diesen Schritt wagen, werden mit besseren Projektergebnissen belohnt.
Hast du Fragen zur praktischen Umsetzung von hybridem Projektmanagement? Als PMP®-zertifizierter Projektmanager mit Corporate Startup Erfahrung unterstütze ich dich gerne bei der Implementierung. Kontaktiere mich für ein unverbindliches Beratungsgespräch.
Tags: PMP® Zertifizierung, Lean Startup, Hybrides Projektmanagement, PMI® Standards, Stacey Matrix


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